Dienstag, 24. Juni 2008

Die Woche vom 15. - 22. Juni 1628 > 7 Einträge

15. Juni 1628

Helena Gebsattlin - in Bamberg geboren - bei der Verhaftung ca. 47 Jahre alt.

Erstes Verhör gütlich > dann Daumenschrauben, Beinschrauben, Bamberger Betstuhl, Bock

Wiederuf - nach Androhung der Tortur zahlreiches Besagungen - Testament ohne Datum


16. Juni 1628

Ursula Hofmeisterin - ledig, aus Bamberg - ca. 50 Besagungen (Bamberger Oberschicht)

Testament ohne Datum

17. Juni 1628

Claus Hainlein > hat die Hopfen Els benannt > keine weiteren Akten vorhanden

20. Juni 1628

Georg Marr - in Granitz geboren - bei der Verhaftung ca. 46 Jahre alt.
Ratsbürger und Goldschmied. Will keine Komplizen nennen.
Erstes Verhör gütlich > dann Daumenschrauben, Beinschrauben, weher Zug, 1 Stunde Bock.
Gesteht letztendlich doch mit Besagungen > hat auch die DÜBLERIN belastet - keine weiteren Akten.


Elisabeth Melhösin - auch HOPFEN ELS genannt > Testament von Schreiber Herrenberger aufgenommen.


Margreth Müllerin - in Steinbach geboren - Akte fehlt.


Contz Waiglein - Bürger zu Zeil - bei der Verhaftung ca. 26 Jahre alt.
3 Tage Bedenkzeit - dann gütlich und peinlich ratifiziert.

Samstag, 14. Juni 2008

Die Woche vom 8. - 14. Juni 1628 - > 1 Eintrag

8. Juni 1628

Christina Wildenbergerin - in Staffelstein geboren - bei der Verhaftung ca. 40 Jahre alt.

Erstes Verhör gütlich - Die Angeklagte hat um Bedenkzeit gebeten.

2.tes Verhör am 15. Juni - erst gütlich - dann Daumenschrauben und Beinschrauben.

1/4 Stund "auf den Bock gesetzt" - Inquisitin "war sehr schwach, weshalb das Verhör abgebrochen wurde.

"Mortua in cacere" - im Malefiz-Haus an den Folgen der Folter gestorben.

Das hinterlassene Vermögen betrug geschätzte 9-10000 Goldstücke.

Samstag, 7. Juni 2008

... wir drehen die Zeit zurück > um 380 Jahre

und sind somit im Erzbistum Bamberg des Jahres 1628 - erste Juniwoche.

Update:

Das Malefiz Haus ist seit einigen Monaten in Betrieb. Es wird als prunkvolles Gebäude mit einer großen Anzahl an Verzierungen beschrieben und ist von 3 Meter hohen Mauern eingezäunt. Eine Flucht aus diesem gut bewachten Gefängnis scheint wohl ziemlich unmöglich.

Trotzdem wurde der prominenteste Gefangene, der Kanzler von Bamberg Dr. Georg Haan in der "Alten Hofhaltung" auf dem Domberg inhaftiert - das war am 20. Mai 1628.


Die ALTE HOFHALTUNG - der Kaiserdom im Hintergrund


Schon seit dem 2. Mai 1628 sitzt auch sein Sohn Dr. Georg Adam Haan in Haft - Die Frau des Kanzlers Catharina Haan und ihre älteste Tochter Katharina Röhm waren Anfang 1628 bereits als Hexen verbrannt worden.
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In der ersten Juniwoche 1628 sind weitere Aktensätze über folgende Prozesse erhalten:

1. Hans Merkhlein - 6. Juni 1628 (unvollständiger Aktensatz)

2. Kuniguntha Schwarzmennin, 6. Juni 1628 - ca. 30 Jahre alt, von Herzogenaurach gebürtig.

Leugnet alle Vorwürfe und wird deshalb in die Tortur geschickt:

9.6.1628: Daumenschrauben, Beinschrauben, 1 Stunde auf dem BOCK, weher Zug 1/4 Stunde
1.7.1628 Inquisitin wird mit Ruten gepeitscht
17.7.1628 3/4 Stunde auf den Bock gesetzt; Sie bittet um Bedenkzeit, was nicht gewährt wurde
18.7.1628 sagt "ganz gütlich" aus Geständnis
29.7.28 gütliche Ratifizierung des Geständnis: Sie habe Vieh getötet "Sie hat so lange ausgehalten, weil sie an ihre kleinen Kinderlein gedacht hat, seit das neue Haus gebaut wurde, hatte sie Angst, auch herein zu kommen."

Alles gütlich und peinlich ratifiziert
Testament ohne Datum (weitere Akten fehlen)

3. Kunigunda vom Ziegelanger - 7. Juni 1628 - (unvollständiger Aktensatz)

4. Anna Krumpholzin, 7. Juni 1628 - in Bamberg geboren, ca. 38 Jahre alt, wurde vor 5 Jahren von Wunderheiler kuriert; leugnet alle Vorwürfe,

Tortur: Daumenschrauben, Beinschrauben: gesteht Verführung vor 14 Jahren.
ca. 50 Besagungen innerhalb der Bamberger Unterschicht.

8.6.1628 Besagt die Angeklagte Hans Morhaubt und dessen Bekannte.
Testament ohne Datum von Schreiber Herrenberger aufgenommen (ihm wird dafür eine Kuhhaut vermacht).

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Dieses WELTERBE-Tagebuch wird also in den kommenden 3,5 Jahren alle entsprechenden Opferdaten auflisten - je mehr Informationen es gibt- umso mehr können wir über die Opfer schreiben.

Alle Datensätze stammen u.A. aus dem Buch von Dr. Britta Gehm: "Hexenverfolgung im Hochstift Bamberg .... "

Nicht jeder Prozess hat zwangsweise auch zur Hinrichtung geführt: es gab Fälle von Flucht, Korruption (Freikaufen) und ganz oft auch den lapidaren Schlusseintrag: mortua in cacere - im Kerker an der Folter gestorben.

Unabhängig davon, dass es monatelang gar keine Datensätze gibt (verlorene Akten) wurde auch wissenschaftlich bewiesen (Tintenfluss-analysen) das die Aktensätze seit 1626 anscheinend fast alle "geschönt wurden", was direkt mit dem Eingreifen des Reichshofrates in Wien zusammen hängt.

Mehr dazu in ca 7 Tagen.

Sonntag, 1. Juni 2008

Heute ist U.N.E.S.C.O.-Welterbetag - Nr. 3

und somit das perfekte Datum, um diesen Blog zu starten. In Deutschland gibt es bis dato 32 Welterbestätten: die Altstadt von Bamberg ist seit 1993 Welterbe und ich bin in Bamberg geboren und habe dort die ersten 32 Jahre meines Lebens verbracht.

Erst seit 1998 hat sich mein persönliches Wissen um diese Stadt um ein unglaublich finsteres Kapitel erweitert, dass im Lauf der Zeit anscheinend komplett aus der offiziellen Geschichte Bambergs eleminiert wurde: die 3 Wellen der Bamberger Hexenverbrennung von 1595 bis 1632.

In meiner Schulzeit gab es bis zum Abitur keinerlei Wahrheiten über das wahre Ausmass der katholischen Inquisition in Bamberg zu erlernen und so war es ein Artikel im Magazin "DER SPIEGEL" der mich erstmals aufmerksam machte, dass die Historie Bambergs eine gravierende Lücke Anfang des 17-ten Jahrhunderts aufweisst, die - nach meinem jetzigen Wissensstand - zum Beginn des 20sten Jahrhunderts enstand, denn noch bis zum Jahr 1900 lassen sich ausführliche Beschreibungen dieser Epoche im FRÄNKISCHEN TAGESANZEIGER nachlesen.

Ich möchte diesen Blog dazu verwenden, die chronologisch belegten Ereignisse in Form eines Tagesbuchs nachzuempfinden. (Siehe Beispiel vom Juli 1628).

Mit Hilfe einer neuen Opfer-Datenbank können wir von einigen gut dokumentierten Schicksalen die gesamte Leidensgeschichte des Opfers komplett nachvollziehen - bei vielen Akten aber gibt es z.B. nur ein Testament, oder einen Eintrag auf einer Besagungsliste, oder einer Verpflegungsliste im Malefiz Haus.




Weder Kanzler Dr. Georg Haan noch die anderen Volksvertreter, die teilweise über 20 Jahre im Dienst der Stadt standen, bevor sie gefoltert und lebendig verbrannt wurden, haben in der Stadt Bamberg jemals ein Mahnmal, eine Erinnerungstafel oder gar ein Grab (mit Gottesdienst?) erhalten.

Ihr sinnloser, grausamer und unveröffentlichter Tod hat die Stadt über Jahrhunderte geschändet, was Bamberg im traditionellen Volksmund europaweit den Beinamen "SCHREIN DES GRAUENS" einbrachte.

Wir widmen unsere Kampagne dem Gedenken an die ca 1000 unschuldigen Inquisitions-Opfer und wenn Bamberg den Slogan "FARBE BEKENNEN" benutzt, um gegen den Parteitag der NPD zu protestieren, dann nehme ich diese Aufforderung gerne auf: "FARBE BEKENNEN" zur historischen Wahrheit, denn wir Leben mittlerweile im Zeitalter der Aufkärung, oder irre ich mich da?

Weshalb gab es dann bis dato niemals eine "wahrhaftige Unterrichtung der Öffentlichkeit"?

Fragen Sie die Leute, die in Bamberg für Bildung, Moral und Erziehung verantwortlich sind, (...und damit auch ihren Lebensunterhalt verdienen) - aber nicht mich - ich bin nur der, der es schreibt, und:

... man kann nur dann etwas investigativ erforschen, wenn sich im Vorfeld Menschen die Mühe gemacht haben, etwas vor der Öffentlichkeit zu verstecken.

Wären diese einmaligen Vorkommnisse der Bamberger Geschichte "Allgemeinwissen", dann würde dieser BLOG eine obsolete Zeitverschwendung darstellen.



Das diesjährige Motto des U.N.E.S.C.O.-Welterbetags heisst: "Lebendiges Welterbe" und in Bamberg gibt es heute ein umfangreiches Vortragsprogramm mit dem Titel "Archäologie in Bamberg" - ob die Forderung der U.N.E.S.C.O. nach "Vermittlung von Informationskompetenz" dabei im Welterbe-Ensemble Bamberg zum Tragen kommt, lässt sich anhand der aktuellen Vortragsobjekte einfach überprüfen: kein Malefiz Haus > keine Kompetenz.

Da nützt es dann auch wenig, dass es im Bamberger Rathaus seit Januar 2008 ein neu eingerichtetes Kompetenz-Zentrum Welterbe gibt ...


Dieser Blog ist die Erweiterung des "Malefiz-Blogs" der sich auschliesslich mit der aktuellen Entwicklung des Vortrags zum TAG DES OFFENEN DENKMALS am 14.September 2008 in Bamberg beschäftigt.